Das Ross wird zum Pfärd

Noch ein schweizerdeutsches Wort, das scheinbar langsam verschwindet: Das Ross.

Im Schweizerdeutschen spricht man eigentlich immer vom Ross, nie vom Pferd*, und das ist nicht abschätzig gemeint wie im Hochdeutschen. Trotzdem höre ich in den letzten 2 – 3 Jahren öfter Sätze wie:

Si hät es pfärd, än schimmel.

Das ist nicht die gleiche Veränderung wie als das «schwii» zum «schwein» wurde. Dort haben die Schweizer das alemannische Wort gelöscht und eins zu eins ein hochdeutsches eingesetzt. Beim «pfärd» ist die Betonung interessanterweise verschweizert worden (kurzes ä statt langes e). Was passiert jetzt mit dem Ross? Erhält es im Schweizerdeutschen jetzt auch die abschätzige Wertung aus dem Hochdeutschen und verliert seine Neutralität?

Frustriert über diese Entwicklungen bin ich übrigens nicht mehr. Die Veränderungen und Angleichungen im Alemannischen scheinen unaufhaltbar, also fühle ich mich nur noch als neutraler Chronist seines Verfalls 🙂

* In einigen höchstalemannischen Dialekten wie z.B. dem Senslerisch im Kanton Frybùrg gibt es vielleicht tatsächlich ein pfärd, das weiss ich nicht.

Wie das «wo» im Schweizerdeutschen Konkurrenz bekommt

Ein meines Wissens neuer Import aus dem Hochdeutschen sind die Relativpronomen der/die/das. Im Alemannischen, oder wenigstens im Schweizerdeutschen, kannte man bis anhin nur das Relativpronomen «wo». Ein Beispiel, das in meinen Augen richtig ist.

Hochdeutsch:

Der Mann, der mir die Brille verkauft hat.

Schweizerdeutsch:

Dr maa, wo miar d brilla verkauft hät.

Ich höre aber öfters von jungen Leuten solche Konstrukte:

I hola schnell min kolleg, der das besser kann.

Die übliche Formulierung wäre aber:

I hola schnell min kolleg, wo das besser kann

Ganz interessant war auch die Aussprache von «der», es war effektiv «der», wie im Hochdeutschen, nicht «dä».

Dabei wird im Schweizerdeutschen das Geschlecht des Subjekts beim Relativpronomen überhaupt nicht unterschieden. Die Kollegin wäre auch eine gewesen, wo das besser kann. Die dem Hochdeutschen angeglichene Variante wäre aber sicher geschlechtsspezifisch herausgekommen: mini kollegin, dia das besser kann.

Schweizerdeutsch-Sprecher in der Leserschaft: Welche Relativpronomen benutzt ihr? Der/die/das oder wo?

Poulet, Trottoir, Velo, Billet: Sie sind alle tot

Eine interessante Häufung von Deutschismen, lustigerweise habe ich alle davon in den letzten fünf Tagen gehört:

  • «Welles wotsch? Das mit hüenlifleisch?»
  • «Und denn bini mittem fahrrad gange go…»
  • «Jo, mittem rad voll in gehsteig…»
  • «Fahruswiiskontrolle.»

Schweizerdeutsch hat für mich einen Teil seines Charmes deshalb, weil man so viele schöne frankophone Einflüsse findet. Diese scheinen aber jetzt Germanismen zu weichen, die es bis anhin in unserer Sprache nicht gab. Wer die vier «Fehler» in den Sätzen nicht erkennt, ist entweder jung oder muss sich schämen 🙂

Burger King: Grilliert statt gegrillt

Ausnahmsweise darf ich in dieser Rubrik einmal ein Lob aussprechen. Und zwar an einen eher unerwarteten Preisträger: Burger King.

Heute am Zürcher Hauptbahnhof gesehen: Ein Plakat mit der riesigen Aufschrift «Der Whopper. Auf offener Flamme grilliert». In der Schweiz heisst es «grilliert», nicht «gegrillt». Burger King Deutschland allerdings wirbt mit «gegrillt», deshalb kann das nicht eins zu eins das gleiche Plakat sein.

Bei Burger King Schweiz scheint es also jemanden zu geben, der solche Details korrigiert und die Plakate einschweizert.

Merci! 🙂

«Schweinegripp» ist kein schweizerdeutsches Wort

Mit H1N1 kommt nicht nur die Virusangst in die Schweiz sondern auch ein deutsches Wort ins Schweizerdeutsche: «Z Schwein». Oder wie erklärt man sich das? Zeigt man auf ein paar Schweine und fragt einen Deutschsschweizer, was er da sieht, sagt er «a paar schwii» oder «es paar soue» und nicht «a paar schweine». Der Plural auf -e existiert in dieser Form nicht einmal.

In Züritüütsch sieht man das besser («d schuä», «d tramliniä», «d bürger und bürgerinnä») — wenn, dann müsste «schweine» ein Plural auf kurzes -ä (Züritüütsch) bzw. in Khûrertütsch auf kurzes -a oder -e werden.

Das -ä ist übrigens auch nicht ganz korrekt, aber ich beherrsche die Dieth-Schrift nicht und habe keine Ahnung, was für einen Accent dieses kurze ä eigentlich bräuchte. ê? è?

Nun denn. Eine Anatomie des Wortes «schwii»:

schwii (n.) (pl. schwii): Vierbeiniges rundes rosa Ding mit kurzem Rüssel. Frisst alles mögliche.

Warum heisst es nun plötzlich «d schweinegripp»? Ich habe keine Erklärung. Das muss doch wehtun, so ein Wort herauszuquetschen?

Ich boykottiere dieses Wort und bleibe beim Konstrukt «d schwiigrippa». Da sind wenigstens die Einzelteile richtig.